B1: Die Ringparabel – Text in einfacher Sprache

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Nach Gotthold Ephraim Lessing, aus "Nathan der Weise" (1779)

Im Verlauf des Dramas geht Nathan zum Sultan Saladin. Dieser stellt ihm folgende Frage: "Was ist die wahre Religion?"

Anstelle einer Antwort erzählt Nathan ihm ein Märchen:

Es war einmal ein Mann, der einen wunderschönen Ring besaß.
Der Ring hatte eine besondere Kraft:
Wer ihn trug, wurde von Gott und den Menschen geliebt.

Der Mann schenkte diesen Ring immer an seinen liebsten Sohn weiter – von Generation zu Generation.
So kam der Ring in die Familie und blieb dort über viele Jahre.

Eines Tages hatte ein Vater drei Söhne, die er alle gleich liebte.
Er wusste nicht, wem er den Ring geben sollte.
Er wollte keinen der Söhne verletzen.

Also ließ er von einem Goldschmied zwei perfekte Kopien machen.
Nun gab es drei Ringe, die genau gleich aussahen.

Der Vater gab jedem Sohn einen Ring, ohne zu sagen, welcher der echte war.

Nach dem Tod des Vaters begannen die Söhne zu streiten.
Jeder behauptete:

"Ich habe den echten Ring! Ich bin der wahre Erbe!"

Sie gingen zu einem Richter und wollten wissen, welcher Ring echt sei.

Der Richter sah sich alle drei Ringe an – aber sie waren nicht zu unterscheiden.
Deshalb sagte er:

"Ich kann nicht entscheiden, welcher Ring der echte ist.
Aber vielleicht ist der echte Ring verloren gegangen.
Oder der Vater konnte ihn nicht mehr unterscheiden.
Oder – vielleicht – wollte er alle drei Ringe für echt erklären.

Wenn ihr wirklich die Liebe und Anerkennung wollt,
dann zeigt durch euer Leben, dass euer Ring der wahre ist:
Seid ehrlich, freundlich, gerecht.
Dann werden die Menschen euch lieben."

Source : https://lesmanuelslibres.region-academique-idf.fr
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